Ein Buch über die Bredemeiers soll entstehen

Die Familienforscher

Von Frank Westermann

 

 

Aus der Schaumburger Zeitung, 20. November 2019

 

Ist im Auetal der Stammsitz der Bredemeiers? Willi und Gerda Bredemeier haben schon einige Forschungen dazu angestellt.

 

AUETAL/NIENBURG. Der Weg in die Ahnenforschung begann für Willi Bredemeier vor acht Jahren mit einem literarischen Wettbewerb, ausgeschrieben für Kurzgeschichten. Der im Kreis Nienburg Aufgewachsene war damals gerade 70 geworden, nach 30 Jahren Selbstständigkeit; ein paar Sachbücher hatte er verfasst, eine Fachzeitschrift für Internetfragen gibt er noch heute heraus, viermal die Woche, per E-Mail. Eine Kurzgeschichte also, dachte sich Bredemeier: „Ein Klacks“, schließlich hatte er irgendwann in seinem vielfältigen Berufsleben auch einmal für eine durchaus renommierte westdeutsche Tageszeitung gearbeitet.

 

 

„Nun“, sagt seine Frau Gerda, „den Klacks hat er dann 30 bis 40-mal umgeschrieben.“ Immerhin: Bredemeier war unter den acht Gewinnern des Wettbewerbes, das machte Mut, und so legte er nach der Kurzgeschichte die literarische Messlatte ein kleines bisschen höher: Ein Roman sollte es nun werden.

 

 

Und so geschah es auch. Bredemeier schrieb wie viele literarische Debütanten über das, was er am besten kannte: sein Leben. Aufgewachsen auf dem Dorfe, Volksschule zu einer Zeit, in der die Herkunft das berufliche Schicksal entschied, aber dann doch: Leistung, Abendgymnasium, Studium, und das alles gegen den Wunsch der Familie, selbst der aus Hamburg herbeigerufene Onkel („Junge, nun leg doch mal die Bücher weg“) konnte den Bub nicht umstimmen: Bredemeier erhielt Zugang zur Bildung. 2010 erschien das Buch, und es gab eine gut gemeinte Empfehlung der befreundeten Verlegerin: „Nun sorg mal für Absatz.“

 

 

Also tingelte Bredemeier über die Lande und lud zu Lesungen. Die Resonanz war, nun ja, überschaubar, und so geht es ja allen Literaten, die sich noch keinen Namen gemacht haben: Eine Handvoll Besucher kommen, wenn es gut läuft, und man kann als Vorleser nur noch die schöne intime Atmosphäre loben, dabei will jeder Schriftsteller keine überschaubare Zuhörermenge, sondern das volle Stadion, aber hallo.

 

 

In Petershagen stand eine weitere Lesung an, im Schloss, und Ehefrau Gerda hatte eine Idee: „Wie wäre es, wenn wir per E-Mail alle einladen würden, die Bredemeier heißen?“ Nun ja, fast alle, die in München und Stuttgart könne man mit Blick auf die Anreise wohl vernachlässigen. Über Google fand Gerda Bredemeier über 300 Bredemeiers – und lud sie ein. Um es kurz zu machen: 38 Zuhörer kamen, die auf den Nachnamen Bredemeier hörten. Und sie hatten sich nach der Lesung viel zu erzählen. An diesem Abend entstand auch die Idee zu einem gemeinsamen Treffen aller Bredemeiers, zu dem 2018 in Uchte fast 80 Namensträger kamen.

 

 

Um den Namen Bredemeier einst zu erhalten und tragen zu dürfen, erklärt Gerda Bredemeier, mussten zwei Dinge zusammenkommen: Man musste eine Vollmeierei betreiben, man musste also in der dörflichen Hierarchie an erster Stelle stehen und zu den größten Bauern im Dorf gehören, und der Hof musste an einer Brede liegen, also an Ackerstücken, die besonders breit sind. Willi und Gerda Bredemeier bauten auf die bereits bestehende Familienforschung zu den Bredemeiers insbesondere im Auetal auf, erforschten weiter die Geschichte der Bredemeiers in den Landkreisen Nienburg und Schaumburg, sie führten Interviews und befragten ihre Namensvettern, und zuweilen spiegelte sich in der Familiengeschichte das gesamte Jahrhundert. Etwa bei den Bredemeiers, die vor dem Ersten Weltkrieg vom Ruhrgebiet nach Polen auswanderten und wieder vertrieben wurden, weil sie nicht die polnische Staatsangehörigkeit annehmen wollten. Nach dem Weltkrieg siedelten sie erneut nach Polen um, nur um nach dem Zusammenbruch der Nazidiktatur erneut flüchten zu müssen – „zweimal in einer Generation“, sagt Gerda Bredemeier, und das dabei ertragene Leid muss unvorstellbar groß gewesen sein.

 

 

Eine zentrale Frage, die sich das Forscherehepaar stellt, ist, ob es gemeinsame Wurzeln aller Bredemeiers gibt. Das Auetal würde sich durchaus anbieten, allein schon, weil die Geschichte des Breinhofs, auf dem Bredemeiers seit fast sechs Jahrhunderten in Rolfshagen leben, gut erforscht ist, sie reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Gut vorstellbar, dass die Auetaler und Nienburger Bredemeiers gemeinsame Wurzeln hatten und über Friedewalde war es auch nicht mehr allzu weit bis nach Minden. „Sie alle könnten aus einer Region gekommen sein.“ Ein weiterer Zweig der Bredemeiers wanderte Anfang des letzten Jahrhunderts aus dem hungernden und Not leidenden Europa in die USA aus.

 

Am Ende der Recherchen soll ein weiteres Buch stehen, diesmal von Willi und Gerda Bredemeier, durchaus belletristisch, aber auf einer gesicherten Grundlage aus Fakten. Arbeitstitel: „Die Bredemeiers“. Für 2019 ist ein weiteres Treffen der Bredemeiers geplant, die Amerikaner werden eingeladen.

 

 

Die Namens- und Geschichtsforschung, sagt Willi Bredemeier, hat drei Vorteile: Sie ist hochinteressant, sie macht anderen eine Freude und sie hält beide fit. Man darf sich die Arbeit wie eine Wundertüte vorstellen: Man weiß nie, was drin ist. Zwei Beispiele: Zu einem Bredemeier in Stuttgart haben sie Kontakt aufgenommen, und siehe da, er hatte denselben Groß- beziehungsweise Urgroßvater wie Willi Bredemeier.

 

In der Literatur wurden sie auch fündig. In seinem Weltbestseller „Im Westen nichts Neues“ lässt Autor Erich Maria Remarque einen Bredemeier auftreten, und siehe da: Die reale Vorlage stammt aus Warmsen bei Uchte, sagen Willi und Gerda Bredemeier

Willi und Gerda Bredemeier haben drei Gründe für ihr Hobby. Es hält fit, es macht anderen Freude, es ist hochinteressant. Jetzt schreiben beide ein Buch: „Die Bredemeiers“.