Von Brazzaville nach Pointe-Noire

 

 

 

Draußen steht eine DC 3. Bestuhlung für etwa zwanzig Personen. Vorne zwei Bänke in Längsrichtung für je drei Personen. Ganz vorne sitze ich.

 

 

 

 Nach heftigem Stimmaufwand geht es dann los - eine gute halbe Stunde, dann wird gelandet. Die Landebahn ist abgebrannter Busch, bestehend aus einer Art „Elefantengras“, vielleicht Bambus.  Bevor die Maschine vor dem „Hauptbahnhof vor rollt, werden mit der Flügelspitze ein paar Büsche umgelegt. Die Empfangsanlage ist eine armselige Hütte. Es steigt ein Mann, eine weißgekleidete Frau und zwei schwarze Kinder aus.

 

 

 

Palaver - Palaver - Motoren anlassen - dann rutscht der Busch wieder unter uns hindurch. Überall brennt es. Der Bewuchs reicht die Berge nicht weit hinauf - die Hügel sind alle kahl und schwarz. 

 

 

 

Wo Siedlungen sind, ist die Erde gelb wie Curry. Manche Pfade, die nirgendwo herkommen und nirgendwo hingehen. Sie sehen aus, als hätte ein Kind mit Mamas Lippenstift Striche gemalt.

 

 

 

Bald kommt die Erde wieder gabt nah. Die Bäume werden höher - Landung. Vor der Hütte liegen zwei verbogene Luftschrauben mit noch was dran - es sieht alles nach abgebrannt aus.

 

 

 

Start - Weite - dünne Wolkendecke - gedämpftes Licht - Brand - Wasserläufe – der Wald diesmal mit ganz anderen Bäumen! Eine Bewirtschaftung oder Besiedlung, also Felder oder Dörfer, sind nicht zu erkennen.

 

 

 

Die nächste Landung - alle schütteln sich zu Begrüßung die Hände - manche Männer küssen sich. Eine Frau steigt ein. Sie hält ein rotes Streichholz im Mund. Dann ist sie nicht in der Lage, sich anzuschnallen. Sie wäre wohl am liebsten aus Angst wieder ausgestiegen. Sie tut so, als schliefe sie.

 

 

 

Start - Busch - Rauch - Hitze - Langeweile. Mittlerweile bin ich länger als fünfundzwanzig Stunden unterwegs.

 

 

 

Landung - heftiges Geschrei. Mit großem Aufwand wird eine Trage mit Verletzten über die Passagiere hinweg nach vorn zu den Bänken geschafft. Es wird versucht, den Verletzten von der Trage auf die Bank zu legen. Der Verletzte fällt auf den Fußboden. Er jammert. Trage wieder raus - zweite Trage rein - Patient jammert und lamentiert. Später kommt aus dem hinteren Flugzeug ein klägliches Schreien. Ist das der Verletzte? Der Pilot gerät in einen Streit, weil er niemanden mehr mitnehmen will. Ist jetzt eine Schlägerei ausgebrochen? Schimpfend geht der Pilot in sein Cockpit und schlägt die Tür krachend hinter sich zu.

 

 

 

Start - der Kopilot erscheint und will für den Transport des Verletzen und seine zwei Begleiter Geld einkassieren. Geld hat aber keiner - schon gar nicht so viel, wie verlangt wird. Das Missionskrankenhaus Sibiti schickt den Verletzten und die Begleiter nach Pointe-Noire. Noch zwei weitere Orte werden angeflogen - dort stehen feste Häuser. Auf einem der Landesplätze gibt es sogar Funkanlagen und Peiler. Passagiere steigen ein - unflätig und betrunken. Der Pilot stellt sie zornig zu rede und schimpft sich zurück in sein Cockpit.

 

 

 

Es ist unerträglich heiß.

 

 

Ankunft.

 

 

 

Start – das Flugzeug zieht steil nach oben, denn wir haben eine Gebirgskette vor uns. Sie sieht ein wenig aus wie der Harz. Oben sind Wolken. Später fliegt der Vogel einen Kilometer oberhalb einer geschlossenen Wolkendecke.

 

 

 

Eine Stewardess - groß - hübsch - schwarz - mit auffallend dunkler Stimme - und in gleichmäßige Karos geschnittenem kurzem Haar - serviert Limonade und Bier - schon eingeschenkt in Gläser. Die werden nun aus dem Flaschenkasten heraus angeboten. Man weiß ja, was sich gehört - man trinkt nicht aus der Flasche! Der Flaschenkasten ist aus Blech und sieht stark gebraucht aus.

 

 

 

Immer wieder ein durchdringendes Geschrei von hinten.

 

 

 

Endlich - es ist vierzehn Uhr - kommt der Atlantische Ozean in Sicht.

 

 

 

Eine großzügige Schleife noch, schön anschweben - und dann das Gas weg.

 

 

 

Der Vogel fällt aus drei Meter Höhe - springt wieder hoch - kommt mit einem Rad wieder auf - wird instabil - - - Viel hätte nicht gefehlt, dann hätte auch dieser Flugplatz seine zwei verbogenen Luftschrauben mit was dran haben können. Aber ganz schlimm wäre es vielleicht nicht gekommen - die Feuerwehr steht schon auf dem Platz. Wir steigen erleichtert aus. Pointe-Noire - Endstation. Es wird Gepäck ausgeladen. Das markerschütternde Geschrei macht mich neugierig - es kommt gar nicht von dem Verletzten, sondern von einer gefesselten Ziege, die wie toll an ihren Fesseln reißt. Hinten läuft eine Flüssigkeit aus dem Flieger - und aus dem linken Motor kocht zischend rotes Öl.

 

 

 

Aber was soll´s - wir wollen ja nicht weiter fliegen.

 

 

 

Das Weitere ist einfach. Ein englisch sprechender und lesen könnender Taxifahrer schafft mich an die richtige Adresse - dort treffe ich einen englisch sprechenden und Pfeife rauchenden Herrn, der mich weiter schafft zu meinem Hotel.

 

 

 

Von unseren Leuten fehlt jede Spur - der Hotel-Boy weiß von nichts, aber ein Prakla-Auto steht vor der Tür.

 

 

 

Das ist ja klar, dass man als Ausländer finanziell übers Ohr gehauen wird. Man zahlt in Devisen und dann noch in Scheinen - die Landeswährung ist nur knapp ein Hundertstel wert. Aber woher soll ich das wissen - und woher kriege ich die Landeswährung - und überhaupt.

 

Ponte Noire - sei mir gegrüßt!