Demokratische Republik Kongo:

 

Ein Land ohne Produktion und Arbeitsantrieb

 

 

Pointe-Noire ist eine Hafenstadt an der Westküste Afrikas und gehört zur Demokratischen Republik Kongo. Der Hafen ist vielleicht so groß wie der auf Helgoland - oder ein wenig größer. Das Land war früher eine französische Kolonie. Es gibt einen Bahnhof und Gleisanlagen. Die europäischen Strukturen sind teilweise erhalten geblieben - aber es leben nur noch wenige Europäer hier. Das riesige Land hat zwölf Millionen Einwohner. Die meisten leben an der Küste - im Inneren ist alles leer.  In der Revolution wurde die dünne Oberschicht dezimiert. Die, die übriggeblieben, wanderten aus. Nur ein paar sind geblieben und versuchen ihr Bestes zu geben. Die Zahl der Arbeitslosen ist hoch – das kann nicht anders sein, weil die Unternehmer unter dieser Regierung nichts unternehmen.

 

Die Preise sind hoch - das Geld ist nichts wert. Ich habe 100.000 CFS Vorschuß bekommen. Die Brieftasche ist so dick wie ein Buch. Das Frühstück bestand aus einer Tasse schlechtem Kaffee, einer Semmel von vorgestern mit Butter und Marmelade. Das kostete 500 Franc, also etwa 5 Mark.

 

Mein Abendessen a la Carte kostete 1.650 Franc. Die gesamte Rechnung lautete auf über 8.000 Franc. Wir hatten zu dritt gegessen und auch einen Wein getrunken. Ich bekam eine Gemüsesuppe und zwei gebratene Fische serviert. Die Heringe zuhause sind größer. Diese hier bestehen zu einem Drittel aus Kopf und der Rest ist trocken. Als Dessert gab es etwas in einem Förmchen. Es sah aus wie Vanillepudding überbacken. Unten drin befand sich Sirup, der schmeckte angebrannt.

 

Meine erste Amtshandlung bestand darin, eine Postkarte in den Briefkasten zu werfen. Das ist nicht so einfach! An der Wand hängen vier Briefkästen für bestimmte Regionen! Wenn man seinen Brief in den falschen Briefkasten wirft, darf man sich nicht wundern, wenn nichts ankommt.

 

Ich bin ein wenig herumgelaufen und habe ein paar Bilder gemacht - aber es gibt in dieser Stadt keine Stelle, wo man nicht beobachtet wird. Da hatte ich Hemmungen, das Hospital aufzunehmen. Durch das kaputte Fenster sah ich, wie eine Madame im weißen Kittel kleine Kinder wiegte. Frauen tragen ihre Kinder – solange sie nur wenige Monate alt sind - mit sich herum.

 

Wenn ich mir vorstelle, ich müsste unsere Jule überall mit hinschleppen, wird mir der Aufwand klar, den diese Mütter auf sich nehmen müssen. Ich habe aber auch Väter gesehen, die sich ständig mit ihren Kleinen beschäftigten.

 

Heute war ich einkaufen - meine Verpflegung für vier Wochen auf einer einsamen Station. Was brauche ich, und wie viel brauche ich davon? Ich weiß nicht, wieviel Zucker, Salz, Mehl und manches andere ich in vier Wochen benötige. Im Supermarkt ist die Auswahl nicht schlecht, aber alles ist um die Hälfte bis doppelt so teuer. Das muss so sein, weil alles importiert wird. Im Lande gibt es so gut wie keine Produktion. Aber das, was da ist, muss wohl reichen, und wozu soll man mehr tun, als das es reicht? In diesem Land kommt keiner auf die Idee, etwas zu tun, was er nicht muss!

 

Da keine Ansprüche gestellt werden, ist alles ganz einfach. Es ist sogar gefährlich, etwas zu verdienen. Denn dann müsste man die gesamte Verwandtschaft mit versorgen, die ja auch total arbeitslos ist - und auch bleibt - weil sie ja versorgt ist!

 

Morgen werde ich auf eine Sendestation gehen und die Regenzeit abwarten. Diese wird für den 15. September erwartet. Wir haben Temperaturen zwischen 25 und 27º Celsius. Mittags wird es ziemlich warm, aber nie richtig heiß. In der Nähe des Ozeans ist die Luft zwar feucht, aber nicht unangenehm.